Forschungen zum Figurentheater

Am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Bern werden im Rahmen eines Verbunds und eines Einzelprojekts Forschungsarbeiten zu Figurentheater unternommen.

Offene Manipulation. Figurentheater als Movens spartenübergreifender Theater-, Tanz- und Musiktheaterforschung

SNF-geförderter Forschungsverbund unter der Leitung von Prof. Dr. Beate Hochholdinger-Reiterer, Prof. Dr. Christina Thurner und Prof. Dr. Andi Schoon

Mitglieder: Marcel Behn (Doktorand), Laurette Burgholzer (Postdoc), Angela Koerfer-Bürger (Doktorandin), Nadja Rothenburger (M.A.), Regula Schelling

Einführung

Figurentheater für ein erwachsenes Publikum findet vermehrt auch auf den institutionalisierten Bühnen des Sprech-, Tanz- und Musiktheaters statt. Diese Entwicklung steht symptomatisch für eine in allen Künsten beobachtbare Tendenz, Genre- und Formgrenzen zu öffnen. Insbesondere für die letzten 20 Jahre lässt sich ein massiver Entwicklungsschub im Figurentheater beobachten, der eng mit der Form der offenen Manipulation verknüpft ist. Denn Spielobjekte werden in Inszenierungen nun verstärkt als gleichberechtigte Partner der menschlichen Darsteller eingesetzt.

Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts

Figurentheater zählt durch die Offenheit gegenüber Ausdrucksweisen, Materialien und Dramaturgien derzeit zu den innovativsten Formen der darstellenden Künste. Trotzdem nimmt Figurentheater wegen seines vermeintlichen Status als Kindertheater in der wissenschaftlichen Beschäftigung nur eine untergeordnete Stellung ein. Das Ziel des Forschungsprojektes ist ein dreifaches: 1. durch Grundlagenforschung Figurentheater als Forschungsfeld der deutschsprachigen Theater- und Tanzwissenschaft zu etablieren, 2. dem Diskurs über zeitgenössisches Figurentheater durch den Austausch zwischen Sprech-, Tanz- und Musiktheaterforschung markante Impulse zu geben und 3. durch die Infragestellung der impliziten Wertesysteme der Theater- und Tanzwissenschaft neue Perspektiven zu eröffnen.

Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext

Methodisch wird in den einzelnen Studien einerseits auf bestehende Verfahren der Theater-, Tanz- und Musiktheaterwissenschaft, wie Aufführungs- und Inszenierungsanalysen und Ansätze der Rezeptions- und Historiografieforschung, zurückgegriffen. Andererseits sollen die kulturwissenschaftlichen Diskurse und die bewährten disziplinären Methoden durch die Fokussierung auf Prinzipien und Arbeitsweisen des Figurentheaters auch befragt und erweitert werden. Dazu kooperiert das Projekt mit verschiedenen Figurentheaterfestivals und -ausbildungsstätten im In- und Ausland.

 

Ausser-sich-Sein. Verhältnisse von Spieler_in und Spielfigur im gegenwärtigen Figurentheater 

SNF-gefördertes Dissertationsprojekt (Doktorandin: Franziska Burger)

Die Spieltechnik der offenen Manipulation entwickelte sich im europäischen Figuren- und Puppentheater ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zu der dominierenden Inszenierungsform. Dabei verstecken sich die Spieler_innen nicht mehr hinter einem Vorhang oder Castelet, sondern agieren sichtbar hinter, über bzw. neben den Spielfiguren. Durch die Sichtbarmachung des zuvor verdeckten Figurationsprozesses werden metatheatrale Fragen zur Funktionsweise von Theater und Schauspiel aufgeworfen und zum indirekten Thema der Inszenierungen.