Das durch den SNF geförderte Projekt untersucht gesellschaftliche Prozesse und Phänomene aus tanzwissenschaftlicher Perspektive. Es befasst sich mit Sozialen Choreografien und versteht diese als gesellschaftliche Ordnungen, die performativ hervorgebracht werden. Damit trägt das Forschungsprojekt dazu bei, künstlerische wie gesellschaftliche Prozesse in ihren Verschränkungen zu erfassen und als Choreografien neu zu denken.
Das Begriffspaar ‚Soziale Choreografie‘ fand in der letzten Dekade insbesondere in der englisch- und deutschsprachigen Tanzwissenschaft zunehmend Beachtung. Zurückzuführen ist dies auf eine Neuauslegung und Erweiterung des Begriffs ‚Choreografie‘, die Aspekte des ‚Sozialen‘ (wieder stärker) reflektiert. Das Forschungsprojekt führt die Vielzahl an Definitionen, Konzepten und methodischen Herangehensweisen zu Sozialer Choreografie zusammen, schafft notwendige Ordnung, denkt sie weiter und wendet sie analytisch an.
Zwei Schwerpunkte bilden das zentrale Forschungsinteresse des Projekts: (1) Die Untersuchung der unterschiedlichen Relationen von gesellschaftlichen und politischen Themen und Phänomenen im Kontext eines erweiterten Choreografieverständnisses; (2) die körperlich-bewegte Verhandlung von virulenten soziopolitischen Diskursen (Klimawandel, Ökologie, Dekolonisierung und Stadtentwicklung) in Choreografien von zeitgenössischen Tanzschaffenden.
Dabei entwickelt das Projekt eine innovative Methodik, die sich durch die Kombination von theoriebasierten, aufführungsanalytischen und praxeologischen Herangehensweisen auszeichnet und somit den Fachdiskurs innerhalb der Tanzwissenschaft erweitert. Im Projekt kommen zwei Varianten von produktions- und prozessbezogenen Zugängen zur Anwendung: Einerseits greifen die Teilprojekte auf praxeologische und ethnografische Untersuchungsmethoden zurück, andererseits entwickelt das Projekt ‚Laboratorien‘ mit kooperierenden Künstler:innen – im Austausch werden choreografische Ordnungen direkt im relevanten sozialen Raum/Kontext erprobt, gemeinsam analysiert und diskutiert.
Im Laufe der vierjährigen Projektphase (November 2024–Oktober 2028) sind mehrere Publikationen vorgesehen (darunter Buchpublikationen, ein Online-Glossar und eine Podcast-Reihe) sowie öffentliche Workshops und Laboratorien zur Verschränkung von akademischer und künstlerischer Forschung.
Teilprojekt A (C. Thurner): Stadtchoreografien
Teilprojekt B (J. Wehren): Landschaftschoreografien
Teilprojekt C (J. Hilari): Migrationschoreografien
Teilprojekt D (D. Castillo): Prekaritätschoreografien