Leitung: Prof. Dr. Beate Hochholdinger-Reiterer
Forschungsassistenz / Doktorandin: Sophia Sepperer
Das Theater der Gegenwart ist geprägt von Regiepersönlichkeiten, zutreffend wird der Regisseur vor diesem Hintergrund mit dem endgültigen Durchbruch des Regietheaters in den 1960er Jahren als Zentralfigur des Theatergeschehens empfunden.
Wenig überrascht es, dass es an juristischen Arbeiten, welche sich mit der urheberrechtlichen Stellung des Regisseurs auseinandersetzten, nicht mangelt: Versuche, seine künstlerische Arbeit in Kategorien des Urheber- und Leistungsschutzrechtes zu erfassen, sind mannigfaltig. Die Mehrzahl der mit der urheberrechtlichen Einordnung des Regiewerkes befassten Juristen setzt sich dabei indes ausschließlich mit dem Verhältnis zwischen dem Autor eines Werkes und dessen Regisseur auseinander. Demgegenüber drängt die zunehmende Bedeutung des Regisseurs im Theaterleben der Gegenwart eine andere Thematik in den Vordergrund: Den Schutz eines Regisseurs vor möglichen Eingriffen in seine Inszenierung durch die Bühnenleitung. Immer häufiger nämlich tritt bei den Verantwortlichen der Theater eine Neigung zutage, die abgeschlossene Inszenierung nach ihrer Premiere nicht mehr als feststehende Größe anzusehen, sondern sie mehr oder weniger tiefgreifenden Änderungen zu unterziehen.
Wenn auch das Verhältnis von Regisseur und Bühnenleitung der Möglichkeit personeller Vorausabstimmung und einvernehmlicher Lösung zugänglich ist, so mangelt es in der Theaterpraxis doch zumeist an entsprechenden Vereinbarungen. Vor diesem Hintergrund scheint das Verhältnis zwischen Regisseur und Theaterleitung, ihre Interessen wie Befugnisse im Zeitalter des nicht selten durch Skandale in die Schlagzeilen geratenden Regietheaters von erheblicher Relevanz und die bisherige marginale Behandlung dieser Frage in der juristischen Auseinandersetzung kaum nachvollziehbar.
Schwerpunkt der Untersuchung soll vor diesem Hintergrund die in der juristischen Literatur bislang weitgehend vernachlässigte Thematik sein: Die Beobachtung des Verhältnisses zwischen Regisseur und Theaterleitung im Hinblick auf den Integritätsschutz der Inszenierung. Während die Diskussion um das Urheberrecht des Theaterregisseurs bislang überwiegend von hochspezialisierten Juristen geführt wurde, die jedoch mit Fragen der Theaterwissenschaft wie der Bühnenrealität wenig vertraut sind, hat sich die Arbeit zum Ziel gesetzt, einen interdisziplinären Ansatz zu verfolgen. Dabei sollen theaterwissenschaftliche Erkenntnisse über das Verständnis der Inszenierung und die Tätigkeit des Inszenierens ebenso wie Ausführungen über die Entwicklung der Regie zunächst die Notwendigkeit aufzeigen, eine urheberrechtliche Auseinandersetzung um den Integritätsschutz der Bühneninszenierung im Zeitalter des Regietheaters erneut zu wagen. Auf Kenntnisse der Theaterwissenschaft und der Bühnenpraxis wird es sodann in nicht geringerem Maß im Laufe der konkreten juristischen Auseinandersetzung ankommen, sollen die beiden Disziplinen ineinandergreifen und sich gegenseitig erhellen. Die Arbeit soll die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Theaterarbeit und ihrer urheberrechtlichen Würdigung überwinden helfen und Ansätze bieten, den beteiligten Parteien und ihren Vertreten bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Debatte grundsätzliche Überlegungen an die Hand zu geben, die ihre Bereitschaft zu einvernehmlicher Streitbeilegung vergrößern. Nicht zuletzt sollen die entwickelten Überlegungen den zuständigen, aber mit Theaterfragen wenig vertrauten Richter vor Fehlentscheidungen bewahren.